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Hier ein interessanter Artikel über eine Situation, die jeder von uns schon mal erlebt hat... Oder sollte ich besser sagen: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig.....

Mehr zu diesem Thema und viele weitere sehr interessante Berichte unter www. tt-tipps.de

Glaube versetzt Bälle, oder: Die 8:3 Problematik

Wer kennt das nicht. Es steht 8:3, und dann holt der Gegner im Eiltempo auf. Der in Führung liegende Spieler wird zunächst immer ruhiger. Doch beim 9:9 fängt er an, sich aufzuregen, sich mitzuteilen: * Holger, geh an den Ball. * Konzentrier Dich doch, konzentrier dich. * Kopfschütteln, Augenbrauen hochziehen. * Verzweifelter Blick auf den Schläger. * Ich spiele heute wieder wie ein Anfänger.

Woran liegt es, dass an die zuvor gezeigte Leistung nicht mehr angeknüpft werden kann?

Konzentrationsschwäche. So fängt es meist an, mehr dazu gleich. Eines steht fest. Das Nachdenken über die Aufholjagd des Gegners, sowie die verbalen Äußerungen über sich selbst und die eigenen sportlichen Fähigkeiten, führen zu einer Prozesskette, die einen Spieler immer tiefer in einen Sumpf ziehen können. Und wenn dann noch der Gedanke “Jetzt verliere ich vielleicht das Spiel, obwohl ich 8:3 geführt habe” im Kopf auftaucht, kommt eine sich selbsterfüllende Prophezeiung zu der ohnehin schlechten Situation dazu.

Was genau passiert hier also genau? Das Spiel kippt, der Gegner holt auf. Auslöser ist ein kurzer Einbruch der Konzentration, also lediglich der Auslöser. Ab einem bestimmten Punkt ist dann nicht mehr die mangelnde Konzentration der primäre Grund für unser schlechter werdendes Spiel.

Ab diesem Punkt setzt die Negativspirale ein.

Negativspirale Punkt 1: Deine Gedanken übernehmen die Kontrolle

Jetzt spielen die eigenen Gedanken eine immer größere werdende Rolle. Die Gedanken über die Situation, erst so hoch geführt zu haben, und jetzt das Spiel möglicherweise noch zu verlieren. Um das einmal mehr am altbekannten Zitronenbeispiel zu veranschaulichen, kannst du den folgenden Test durchführen: Stell dir vor, du hast eine wunderschöne, gelbe, saftige Zitrone vor dir liegen. Du nimmst die Zitrone in die Hand, und riechst daran. Du atmest den Geruch der Zitrone tief ein. Der typische Geruch einer Zitrone steigt in deine Nase. Du nimmst die Zitrone, und fühlst sie in deiner Hand. Jetzt schneidest du die gelbe, saftige Zitrone in mehrere Scheiben, und der Zitronensaft läuft über deine Hand. Du nimmst eine Zitronescheibe, und legst sie auf deine Zunge. Der Zitronensaft läuft dir die Zunge hinunter. Schließe nun die Augen, und stell dir eine Minute alles noch einmal bildhaft vor: Wie du an der Zitrone riechst, und die Zitronenscheibe auf deine Zunge legst. Gut. Wenn du dir die Zitrone bildhaft vorgestellt hast, hast du sehr wahrscheinlich folgendes festgestellt. 1. Du hast dein Gesicht verzogen. 2. Dein Mund hat vermehrt Speichel produziert. Und das lediglich durch deine Vorstellungskraft! Die Zitrone war nicht real, aber deine Gedanken an die Zitrone haben zu realen Reaktionen geführt.

Dein Körper hat reagiert: Auf Phantasien, auf Vorstellungen, auf Gedanken. Es waren nur Gedanken! Merke: Jeder Gedanke, jede Vorstellung, ob nun positiv oder negativ, hat Einfluss auf dein seelisches und körperliches Befinden. Das Gehirn verarbeitet ohne große Überprüfung oder Bewertung unsere Gedanken, stumpfsinnig wie ein Computer. Ein recht prägnanter Satz dazu lautet: garbage in -> garbage out. Müll rein, Müll raus. Unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen Realität und Vorstellung. Und wenn wir die Vorstellung haben, das 8:3 doch noch zu verlieren, dann haben wir mit dem Gedanken an die Niederlage ein gutes Stück selbst dazu beigetragen, tatsächlich zu verlieren.

Und das bedeutet: Entweder du kontrollierst deine Gedanken, oder diese kontrollieren dich. Im Beispiel des 8:3 ist das eine sehr spontane, kurzfristige Angelegenheit. Die Gedanken kommen fast wie von selbst. Deswegen ist das Umstellen deiner Gedanken in solchen spontanen Negativ-Situationen eine längerfristige Angelegenheit, die viel Zeit in Anspruch nehmen kann.

Das führt uns auch direkt zum zweiten Teil der Negativspirale.

Negativspirale Punkt 2: Der Knacks im Selbstwertgefühl

Was führt uns zu den verbalen Äußerungen, wie “Mensch Holger, jetzt spiel doch mal gescheit Tischtennis”? Also die Aussagen, die wir über uns selbst treffen, wenn unser Spiel zu wünschen übrig lässt. Wir wollen durch diese Äußerungen dem Gegner und Zuschauern mitteilen, dass wir eigentlich besser sind, als das, das wir in diesem Moment zeigen. In unserem Kopf geht dann vielleicht umher: “Normalerweise bin ich besser” und “Ich bin von mir selbst enttäuscht.”

In diesen Aussagen stecken mehr Informationen, als auf den ersten Blick zu erkennen ist. Der Spieler, der so denkt, definiert sich sehr stark über Tischtennis, bzw. er definiert sich über seine Leistung beim Tischtennis. Ein Spieler, der sich nur gut fühlt, wenn er gewinnt, sollte zumindest einmal darüber nachdenken, inwieweit sein Befinden von seiner Leistung beim Tischtennis abhängig ist.

Wer seinen eigenen Leistungsanspruch zu hoch ansetzt, legt sich selbst die hohe Bürde auf, immer gut sein zu müssen. Und wenn wir einmal nicht gut sind, dann fühlen wir uns schlecht.

Gerade im Nachwuchsbereich ist es deshalb besonders wichtig, dass die jungen Spieler und Spielerinnen als Mensch geachtet werden, und nicht aufgrund ihrer sportlichen Leistungen beurteilt werden. Hier stehen also besonders die Erwachsenen und die Trainer in der Pflicht, sich dem Nachwuchsspielern gegenüber entsprechend zu verhalten. Auf dieses Thema wird jedoch an anderer Stelle detaillierter eingegangen. Für uns ist an dieser Stelle wichtig: Welchen Stellenwert hat das Tischtennisspiel für uns. Wenn bei schlechten sportlichen Leistungen folgende oder ähnliche Gedanken auftreten: * Was denkt der Trainer jetzt von mir? * Ich kann’s doch viel besser, warum liefere ich so einen Mist ab? * Mein Doppel-Partner wird sicher enttäuscht von mir sein.

Wenn solche Gedanken auftreten, wird es bei der 8:3 -> 9:9 Problematik schwer, weil wir uns selbst unter Druck setzen. Und das geht dann meist nach hinten los. Ein routinierter und ausgeglichener Tischtennisspieler weiß, dass er auch Fehler macht. Er lebt mit diesen Fehlern, und spricht ihnen keinen überhöhten Stellenwert zu. Er muss sich für seine Fehler nicht rechtfertigen oder große Erklärungen abgeben. Weder dem Trainer gegenüber, noch sich selbst gegenüber.

Wie können wir also an das 8:3 -> 9:9 Problem herantreten? Einerseits gibt es kurzfristige Dinge, die wir ändern können. Wie so oft, bei der Umstellung psychologischer Verhaltensweisen, brauchen Veränderungen Geduld und Wiederholung, bis sie sitzen. Von heute auf morgen geht das nicht. An erster Stelle steht die Selbstanalyse.

Niemand sonst, als wir selbst, weiß so gut, was in unserem Kopf vorgeht. In schwierigen Spielsituationen können wir uns selbst beobachten, wie wir reagieren, was wir in der jeweiligen Situation denken. Und nach dem Spiel bleibt dann Zeit, über die Erkenntnisse nachzudenken, und Lösungen für die Zukunft zu finden.

Im Spiel: Wir akzeptieren die Fehler, die wir gemacht haben.
Im Spiel: Wir hängen Fehlern nicht in Gedanken nach.
Im Spiel: Wir erinnern uns an Situationen, in denen wir Rückstände oder Patts zu unseren Gunsten entschieden haben.
Im Spiel: Wir glauben wirklich daran, das Spiel zu gewinnen. Glauben versetzt Bälle. Glaube ist alles, hat auch Podolski gesagt.
Im Spiel: Wir sprechen keine Selbstkritik aus. Nicht laut, und auch nicht leise zu uns selbst.
Langfristig: Wir überdenken ein eventuell vorhandenes überhöhtes Selbstanspruchs-Niveau.
Langfristig: Wir bewerten andere Spieler und Vereinsmitglieder nicht aufgrund ihrer sportlichen Leistung, sondern schätzen sie als Mensch. Das ist unbedingte Voraussetzung dafür, dass wir uns selbst gegenüber auch auf diese Weise beurteilen können.

Und jetzt viel Spaß bei der Umsetzung!!!